Mir ist kalt. Und schlecht ist mir auch noch. Selber schuld. Wer sich im Mai ins Mittelmeer stürzt, sollte weder zu Land noch unter Wasser mit tropischen Temperaturen rechnen. Wind und Wellen können im Frühling durchaus etwas heftiger ausfallen. Der eine oder andere Taucher wird da schon mal zum unfreiwilligen Fischfütterer.
Gegen die grüne Gesichtsfarbe hilft zum Glück das Abtauchen. Und bei den tollen und abwechslungsreichen Tauchplätzen rund um Ibiza ist die Kälte unter Wasser auch sofort wieder vergessen.
Woher der Name der Insel genau kommt, ist nicht bekannt. Eine Vermutung ist, dass Ibiza vom alten phönizischen "i busim" abgeleitet wurde, was "Insel des Wohlgeruches" oder "Duftinsel" bedeutet hätte. Ibiza - und seine im Süden vorgelagerte Insel Formentera - gehören zu den Balearen. Von der Schweiz aus ist man mit dem Flugzeug in zwei Stunden dort. Der Flughafen liegt ganz im Süden von Ibiza und ist klein und überschaubar, die Wege auf der Insel sind in der Regel kurz. Mit dem Auto erreicht man vom Flughafen aus den nördlichsten Punkt in 30 - 40 Minuten. Auch die Hauptstadt ist mit 55'000 Einwohnern keine Grossstadt. Der Tourismus ist nicht ganz so ausgeprägt wie auf der Nachbarinsel Mallorca, alleine ist man in der Hochsaison aber definitiv nicht. Glaubt man den Statistikern, verfügt Ibiza über ca. 80'000 Betten für Touristen. Mindestens von ende Mai bis ende September dürften die gut gefüllt sein.
Tauchbasen gibt es auf der Insel einige. Wir haben uns für das einzige Padi 5* - Dive Center der Insel, die Tauchbasis Scuba Ibiza in der Marina Botafoch entschieden (www.scubaibiza.com). Die Basis befindet sich im Jachthafen von Ibiza Stadt, in der Nähe hat es diverse Hotels und einige der interessantesten und spektakulärsten Tauchplätze von Ibiza befinden sich fast vor der Haustüre. Das Tauchboot, die Betreuung und die Auswahl der Tauchplätze war top, es blieben keine Wünsche offen. Das Team um die beiden Basisleiter Paulo und Yaqui machte einen super motivierten Eindruck.
Von der Basis bis zum Tauchboot sind es keine 50 Schritte, das Boot selber ist für die Anzahl Taucher gross genug, die notwendige Sicherheitsausrüstung ist vorhanden. Nach den Tauchgängen werden auf dem Boot übrigens Cookies rumgereicht. Super Service um den Zuckerspiegel wieder auf Vordermann zu bringen, aber nach einer Woche hat man Prinzenrollen für den Rest des Jahres gesehen. Pro Ausfahrt werden jeweils zwei Tauchgänge gemacht. Nitrox ist auf der Basis - entsprechendes Brevet vorausgesetzt - gratis erhältlich. An den meisten Tauchplätzen wird an einer vor Ort angebrachten Boje geankert, um Schäden an der Unterwasserlandschaft zu vermeiden.
Wer farbige Korallen und Grossfische erwartet, ist in Ibiza am falschen Ort. Für alle Anderen gibt es tolle Tauchplätze rund um die Insel. Bei vielen Plätzen handelt es sich um kleine Felsinseln über und um Steilwände unter Wasser. Die Tiefen der angefahrenen Tauchplätze bewegen sich meistens in moderaten Bereichen zwischen 20 und 30 Metern.
Als typischer Schweizer Süsswassertaucher ist in den Ferien die erste Rolle rückwärts vom Tauchboot ein magischer Moment. Unsere findet am Tauchplatz "Llado Sur", keine 10 Minuten von der Tauchbasis entfernt statt. Bereits nach wenigen Flossenschlägen ist die erste Muräne in der Steilwand entdeckt. Barrakudas und Goldstrimenbrassen umkreisen die Felsen, der grosse Fischreichtum überrascht die meisten von uns. Auf der dem Ankerplatz gegenüberliegenden Inselseite ist zudem ein schmaler Tunnel durch den Fels, welcher Durchtaucht werden kann. Nach gut 50 Minuten klettern wir mit einem zufriedenen Grinsen zurück aufs Tauchschiff. Der erste Tauchgang lässt auf eine super Woche hoffen.
Für den zweiten Tauchgang wird unser Boot an den Tauchplatz "Dado Pequeno" verlegt. Auch hier ist Unterwasser einiges los und die 45 Minuten Tauchzeit vergehen wie im Flug. Die Sichtweite beträgt an beiden Plätzen mindestens 20 Meter, die Temperatur über der Sprungschicht liegt bei 19°, unter der Sprungschicht auf 18 Metern wird es dann mit noch knapp 13° doch merklich kühler. Leicht unterkühlt aber sonst rundum zufrieden kippen wir an diesem Abend unser erstes Dekobier auf Ibiza.
Der zweite Tauchtag hält bereits das erste Highlight bereit. Nach einer 20 Minuten dauernden Anfahrt über eine nicht ganz glatte See - genau, einige Taucher wechseln die Gesichtsfarbe - wird das Boot vor der Insel Formentera festgemacht. Nach dem Sprung ins Wasser lassen sich bereits von der Oberfläche aus die Strukturen der versunkenen Fischzuchtanlage "Plataforma Mariana" erkennen. Paolo erklärt uns im Briefing, die Fischzuchtanlage sei nicht mehr rentabel gewesen und 1997 wegen Vernachlässigung gesunken. Heute stellt sie auf jeden Fall einen spektakulären Tauchplatz dar, der im Mittelmeer einmalig ist. Muränen und Drachenköpfe haben die vorhandenen Öffnungen in Besitz genommen, Mönchsfische und Barsche in allen möglichen Farben und Formen umkreisen die Reste der versunkenen Plattform. Nicht mehr vor Ort sind leider die grossen Barrakudaschwärme. Diese sind anscheinend in ein nahe gelegenes Schutzgebiet abgewandert. Als Entschädigung gibt es dafür einen Schwarm Zahnbrassen, welcher die Anlage umkreist. Ein Schwarm dieser bis zu einem Meter grossen Fische ist ein beeindruckendes Erlebnis!
Den zweiten Tauchgang an diesem Tag machen wir an der Isla Esponja. Die Steilwand hier ist ebenfalls sehr interessant und voll mit Fisch. Vor allem auch für Unterwasserfotografen ein sehr interessanter Platz, da sich gerade in den oberen Regionen viele verschieden Fischarten finden lassen.
Tag Nummer drei führt uns für den ersten Tauchgang an einen versunkenen Leuchtturm, den Faro vor Santa Eulalia. Mit 25 Minuten Anfahrtsweg der am weitesten entfernte Tauchplatz, den wir in dieser Woche aufsuchen sollten. Während einem Sturm umgekippt liegt der Leuchtturm heute fotogen in 8 - 10 Metern Tiefe. Ein grosser Barrakudaschwarm kreist knapp unter der Wasseroberfläche, Goldstriemenbrassen und Mönchsfische sind in grossen Schwärmen unterwegs. Alles in allem auch ein sehr schöner Tauchplatz.
Als zweiter Tauchplatz wird an diesem Tag eine Höhle ausgewählt. 10 Minuten vom Leuchtturm entfernt, befindet sich unter Wasser in ca. 12 Metern Tiefe der Eingang in die Grotte "La Catedral". Der Platz ist auch für Taucher ohne Höhlenerfahrung geeignet, da der Ausgang und somit das Tageslicht immer sichtbar ist. Mitten in der Höhle sitzt doch tatsächlich ein schöner Drachenkopf auf einem Felsen.
Der vierte Tauchtag ist dem Wracktauchen vorbehalten. Ich weiss nicht, wie viele Kerzen die Tauchbasenleiter angezündet haben, als die "Don Pedro" unmittelbar vor der Hafenausfahrt von Ibiza - Stadt auf einen Felsen lief und sank. Die Kirchen der Region dürften aber taghell erleuchtet gewesen sein. Keine fünf Minuten braucht das Tauchboot, um uns ans Wrack des 147 Meter langen Frachters zu bringen. Der Absteig am Seil endet auf 26 Metern, die Leine ist an der Steuerbordreeling des Wracks befestigt. Die Don Pedro liegt auf der Backbordseite auf Grund. Der tiefste Punkt wäre auf knapp 47 Meter erreicht.
Unser erster Tauchgang führt uns in Richtung Heck des Schiffes, an den Aufbauten vorbei zur grossen Schiffsschraube auf 35 Meter. Danach geht es über die Steuerbordseite zurück in Richtung Leine. Die ganze Steuerbordseite ist mit kelpartigen Algen bedeckt. Durch die Fenster der Aufbauten kann das Innere des Schiffes begutachtet werden. Das Betauchen des Schiffsinneren ist leider nicht erlaubt. In den unzähligen Öffnungen des Wracks verstecken sich Lobster und grosse Drachenköpfe.
Nach einer einstündigen Oberflächenpause führt uns der zweite Tauchgang zum Bug des Wracks. Hier ist in 33 Metern Tiefe der grosse Anker zu finden, zudem ist das Loch sichtbar, welches zum Untergang führte. Durch die grosse Tiefe ist leider auch bei diesem Tauchgang die Nullzeit viel zu schnell erreicht und wir müssen wieder Richtung Oberfläche. Alles in allem ist die Don Pedro ein sehr interessantes Wrack, für welches zwei Tauchgänge viel zu wenig sind. Diese reichen gerade mal aus, um einen ersten sehr groben Überblick zu erhalten. Die Sicht am Wrack war nicht schlecht, ganz so gut wie an den anderen Plätzen war sie aber nicht. Das dürfte nicht zuletzt am sandigen Grund und dem regen Schiffsverkehr liegen, der in dieser Region herrscht. Als Zückerchen gab es an diesem Tag zwischen den Tauchgängen übrigens noch einen Delfin zu sehen. Leider nur vom Boot aus, aber immerhin!
Die letzten beiden Tauchtage verbringen wir an den Tauchplätzen Malvin Norte, Llados Norte, Dados Pequeno und Isla Esponja. Alle Plätze bestehen aus Steilwänden die voller Muränen, Lobstern und Oktopussen sind. Nach 12 Tauchgängen in sechs Tagen ist am Samstag noch ein Pooltag und danach der Rückflug angesagt. Ibiza hat uns alle positiv überrascht. Gute Sichtweiten, sehr viele Fische, interessante Wracks und eine schöne Höhle machen die Insel zu einem sehr abwechslungsreichen Tauchrevier. Und wer dazu zwischendurch gerne mal eine Party feiert ist hier sowieso am richtigen Ort!
Alle Fotos unserer Tauchferien sind übrigens hier zu finden.